Abstract
Sprachexterne, historische Konstellationen können die Entwicklung von Sprache beeinflussen. Anhand ausgewählter außereuropäischer Varietäten des Französischen, Spanischen und Portugiesischen wird systematisch untersucht, inwiefern sich im Bereich der Tempusbildung in kolonialer und postkolonialer Zeit verglichen mit den entsprechenden europäischen Muttervarietäten eine Katalyse bereits vor der Kolonialisierung angestoßener Sprachwandelprozesse vollzieht. In den exemplarisch ausgewählten Varietäten zeigt sich eine allgemeine Tendenz zur Prädeterminierung, die allerdings in Beherrschungs- und Plantagenkolonien mit romanischen L2-Varietäten bzw. Kreolsprachen, geringer Normpräsenz, geringerem Normdruck und vor allem bei starkem Einfluss typologisch divergierender Kontaktsprachen deutlich ausgeprägter ist als in Siedlungskolonien. Während in Beherrschungskolonien die Katalyse des Sprachwandels besonders stark ist, neigen Plantagenkolonien zu einer stärkeren Restrukturierung der Sprache durch die Ausbildung neuer Formen mit eigenen Funktionen.